Harmonisches Musizieren ohne Dirigent
Erfolgsgeschichte aus dem Gitarrenorchester
In der Welt der Musik wird die Rolle eines Dirigenten oft als unverzichtbar angesehen, um ein Orchester zu leiten und zu koordinieren. Doch eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte zeigt, dass es auch anders geht.
Vor einem Jahrzehnt standen wir als Orchester vor der Herausforderung, einen neuen musikalischen Leiter zu finden. Wir fanden mit Alon Wallach jemanden, der jedoch eine unkonventionelle Idee verfolgte: Er wollte das Orchester leiten, ohne zu dirigieren. Stattdessen sollte die Verantwortung für die Musik auf die einzelnen Spieler*innen übergehen.
Die Entscheidung, diesem Weg zu folgen, hat das Orchester in vielerlei Hinsicht vorangebracht.
Gemeinsames Musizieren ohne Dirigenten: Ein Experiment mit Potential
Die Idee, ein Orchester ohne Dirigenten zu führen, mag zu Beginn gewagt erscheinen. Doch wir wagten den Schritt, angetrieben von dem Ziel, die musikalische Einheit und das Zusammenspiel auf neue Weise zu fördern, trotz anfänglicher Skepsis bei einigen Mitspieler*innen.
Das Experiment begann mit kleinen Schritten, während denen der musikalische Leiter das Orchester unterstütze, indem er darauf achtete, dass Einsätze synchron waren, Fehler vermieden wurden und der Rhythmus stimmte.
Das Geheimnis des Erfolgs: Training und Aufmerksamkeit
Ein wesentlicher Aspekt dieses Ansatzes ist das intensive Training, um aufeinander zu hören und als Ensemble zu agieren. Hier sind einige Beispiele für Übungen, die das Orchester durchführt:
1. Tempoübungen: Die Spieler*innen spielen nacheinander Töne in einem vorgegebenen Tempo. Falls jemand zu früh oder zu spät einsetzt, wird neu begonnen. Die Übung schärft die Aufmerksamkeit und stärkt das gemeinsame Timing.
2. Analyse der Stücke: Vor dem eigentlichen Spielen werden die neuen Stücke analysiert. Tonart, Harmonieabfolgen und Form werden besprochen, um ein besseres Verständnis für die Musik zu entwickeln.
3. Eigenständige Stückausarbeitung: Die Spieler*innen bestimmen gemeinsam, welche Passagen in den Stücken geübt werden sollen. Jede/r Spieler*in bringt seine Interpretation und Vorschläge zu Gestaltung ein. Gemeinsames Spielen und Ausprobieren führen zur optimalen Umsetzung.
4. Demokratische Planung: Das Orchester ging noch einen Schritt weiter und überließ die Planung von Konzerten und die Stückauswahl der demokratischen Entscheidung der Mitglieder. Diese partizipative Herangehensweise stärkte das Zusammengehörigkeitsgefühl.
Dennoch kommt man nicht gänzlich ohne musikalische Leitung aus. Der musikalische Leiter, ob man ihn nun als Dirigenten bezeichnet oder nicht, überwacht die Proben und das Üben, gibt Anregungen, korrigiert, wo notwendig, und versucht stets, die Spieler zu noch intensiverem Zuhören und der Übernahme von Verantwortung für die Musik sowie alle damit verbundenen Aspekte wie Konzertplanung usw. zu bewegen. Er motiviert und moderiert die Proben und gibt wertvolle Anregungen zur Musikausübung, Interpretation der Stücke, zu Konzertthemen und zum musikalischen Ablauf von Konzerten inklusive Moderationen. Zudem unterhält er zahlreiche Kontakte zu anderen Musikern, die unser Programm bedeutend bereichern.
Ein Blick in die Zukunft: Gitarrenorchester ohne Dirigenten
Im Laufe der Zeit hat das ZOBB bewiesen, dass ein Orchester ohne einen zentralen Dirigenten erfolgreich funktionieren kann. Durch intensives Training, eine starke Kommunikation unter den Mitgliedern und die gemeinsame Verantwortung für die Musik ist das Orchester in der Lage, auch ohne Dirigenten neue Stücke zu erarbeiten und aufzuführen. Dabei spielt jede/r Spieler*in eine aktive Rolle im Gesamtklangbild und im Zusammenspiel des Ensembles.
Mit dem 2024 geplanten Projektworkshop „Musizieren ohne Dirigent“, welche vom Amateuermusikfond unterstützt wird, bietet das Gitarrenorchester die Möglichkeit, auch andere Spieler*innen an dem Lernprozess teilhaben zu lassen.
Fazit: Mut zur Innovation im Gitarrenorchester
Die Erfolgsgeschichte des Gitarrenorchesters Böblingen ohne dirigierenden musikalischen Leiter zeigt, dass kreative Ansätze und gemeinsame Verantwortung im Musikensemble zu beeindruckenden Ergebnissen führen können. Das Experiment hat nicht nur die musikalische Leistung des Orchesters gesteigert, sondern auch das Vertrauen und die Fähigkeiten der Einzelnen gestärkt. Die Erfahrung des ZOBB ermutigt dazu, bestehende Konventionen in der Musikwelt zu hinterfragen und alternative Wege des Musizierens zu erkunden.